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Donnerstag, 9. April 2009

Tilman Rammstedt - Wir bleiben in der Nähe

Inhalt
Felix, Konrad und Katharina, das war früher eine Einheit, die drei waren beste Freunde, bis Katharina den Kontakt abbrach und aus Berlin wegzog. Felix und Konrad hören erst wieder etwas von ihr, als ihnen eine Hochzeitseinladung ins Haus flatterte. Katharina will also heiraten und dann auch noch einen Tobias, von dem die beiden noch nie etwas gehört haben? Das wollen Felix und Konrad nicht zulassen, überstürzt fahren sie zu Katharina und entführen sie. Was sie damit eigentlich erreichen wollen, ist ihnen allerdings nicht klar.

Meine Meinung
Sprachlich hat Tilman Rammstedt mich schon mit "Der Kaiser von China" überzeugt, das ich vor einigen Monaten gelesen habe. Die langen Sätze, die viele indirekte Rede, die immer treffsicher eingesetzten abenteuerlichen grammatikalischen Konstrukte, Rammstedt hat seinen ganz eigenen Stil, an den man sich gewöhnen muss und der sicher auch nicht jedem gefällt. Wenn man ihn auch selbst schon einmal bei einer Lesung gehört hat, hat man immer seine Stimme und seine wunderbare Art des Vorlesens im Kopf.

Auch der Inhalt hat mich begeistert, da er viele Fragen aufwirft, die einem so ähnlich sicher auch schon begegnet sind. Kann man eine Freundschaft erhalten, wenn sich die Lebensumstände ändern? Kann wieder alles so wie früher werden, obwohl man sich über die Jahre auseinanderentwickelt hat? Ist es manchmal nicht einfach besser, Menschen gehen zu lassen? Die Antworten muss hier jeder für sich selbst finden, das Buch gibt sie jedenfalls nicht und auch am Ende bleiben einige Fragen offen. Ich bin sehr froh darüber, dass hier keine Pseudo-Lösungen aufgetischt werden und das Buch nicht zu einem kitschigen Happy End kommt!

Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, vor allem die Darstellung von Felix ist sehr gelungen. Einerseits ist er der erfolgreiche Arzt, der sein Leben im Griff hat, andererseits wünscht er sich in beinahe kindlicher Naivität seine Jugendfreundschaften zurück und lässt nichts unversucht um sie zu retten. Dass Katharina als Figur eher blass bleibt, war für mich kein Problem, ich sehe sie nicht als Hauptfigur des Buches, über die man viel erfahren muss. Vielmehr ist sie nur ein Anlass für Konrad und Felix, ihr Leben in Frage zu stellen und nach einem tieferen Sinn zu suchen.

Für mich war das Buch das bisherige Lesehighlight des Jahres!
5 Sterne

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